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25.04.2024, 02:04 Uhr

Tarifverträge

Weihnachtsgeld - „Für viele so wichtig wie nie zuvor“

  • 01.12.2022
  • Aktuelles

Gut die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland bekommt eine Extrazahlung zu Weihnachten.

Alle Jahre wieder: Die tarifliche Sonderzahlung.

Besonders gut stehen die Chancen in tarifgebundenen Betrieben. 79 Prozent aller Tarifbeschäftigten bekommen Weihnachtsgeld, Beschäftigte in Betrieben ohne Tarifvertrag nur zu 42 Prozent. Insgesamt erhalten 54 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland Weihnachtsgeld. Dies geht aus einer Auswertung des WSI-Internetportals Lohnspiegel.de hervor. Die Daten beruhen auf einer Online-Befragung, an der sich zwischen Anfang November 2021 und Ende Oktober 2022 mehr als 63 000 Beschäftigte beteiligt haben.

„Angesichts historisch hoher Inflationsraten ist für viele Beschäftigte das Weihnachtsgeld so wichtig wie nie zuvor“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. „Es schafft zumindest kurzfristig einen Puffer, um auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten reagieren zu können. Umso problematischer ist es, dass vor allem Beschäftigte mit geringeren Einkommen, die eher in tariflosen Unternehmen arbeiten, deutlich seltener von einer Jahressonderzahlung profitieren. Gerade in Krisenzeiten erweisen sich Tarifverträge damit einmal mehr als wichtiger Garant zur Stabilisierung von Einkommen.“ Neben der Tarifbindung lassen sich eine Reihe weiterer Merkmale identifizieren, die die Chancen auf Weihnachtsgeld erhöhen: Beschäftigte in Westdeutschland bekommen häufiger Weihnachtsgeld, was auch damit zusammenhängt, dass die Tarifbindung hier höher ist als in Ostdeutschland. Vollzeitbeschäftigte bekommen eher eine Sonderzahlung als Teilzeitkräfte, ein unbefristeter Arbeitsvertrag erhöht die Chance ebenfalls. Männer profitieren ein wenig häufiger als Frauen.

Große Unterschiede bei der Höhe
In den meisten großen Tarifbranchen existieren gültige tarifvertragliche Bestimmungen zum Weihnachtsgeld oder einer ähnlichen Sonderzahlung, die zum Jahresende fällig wird. Dies zeigt eine aktuelle Analyse des WSI-Tarifarchivs von 24 großen Branchen. Die Höhe der tarifvertraglich vereinbarten Sonderzahlung schwankt dabei erheblich: Bei den mittleren Entgeltgruppen reicht sie von 250 Euro in der Landwirtschaft bis zu 3715 Euro in der chemischen Industrie. Zwischen den ost- und westdeutschen Tarifgebieten bestehen in einigen Branchen nach wie vor erhebliche Unterschiede. Ein annähernd gleich hohes Weihnachtsgeld wird im Bank- und Versicherungsgewerbe, in der Eisen- und Stahlindustrie, bei der Deutschen Bahn, in der Süßwarenindustrie, der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie, dem Kfz-Gewerbe und der Landwirtschaft gezahlt. In anderen Branchen beträgt die Ost-West-Differenz mehrere hundert Euro, in Einzelfällen wie dem Bauhauptgewerbe sogar über tausend Euro. Nur wenige Branchen haben beim Weihnachtsgeld einen Pauschalbetrag festgelegt. In den meisten Fällen wird es hingegen als fester Prozentsatz vom Monatsentgelt berechnet.

Ein klassisches 13. Monatsentgelt im Sinne einer Sonderzahlung von 100 Prozent erhalten die Beschäftigten in der chemischen Industrie, Teilen der Energiewirtschaft, in der Süßwarenindustrie, bei der Deutschen Bahn, im Bankgewerbe sowie in einzelnen westdeutschen Tarifregionen der Textilindustrie und dem privaten Transport- und Verkehrsgewerbe. In der Eisen- und Stahlindustrie werden sogar 110 Prozent eines Monatsentgeltes gezahlt, wobei hier Weihnachts- und Urlaubsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengelegt wurden.

Mit 95 Prozent liegt das Weihnachtsgeld in der Druckindustrie und in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie leicht unterhalb eines vollen 13. Monatsentgeltes. Im Versicherungsgewerbe werden 80 Prozent eines Monatsgehalts gezahlt, im Einzelhandel in den westdeutschen Tarifbereichen meist 62,5 Prozent, in den Tarifgebieten der westdeutschen Metallindustrie überwiegend zwischen 25 und 55 Prozent und im Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern 50 Prozent. Im öffentlichen Dienst, auf der Ebene der Gemeinden, beträgt die Jahressonderzahlung, die an die Stelle des früher üblichen Weihnachts- und Urlaubsgeldes getreten ist, je nach Vergütungsgruppe zwischen 52 und 85 Prozent.

Unter den großen Wirtschaftszweigen sind Tarifbranchen ohne Weihnachtsgeld oder eine vergleichbare Sonderzahlung die Ausnahme. Nach wie vor kein Weihnachtsgeld gibt es im Gebäudereinigungshandwerk, wo für die Jahre 2021 bis 2023 allerdings erstmals ein „Weihnachtsbonus“ vereinbart wurde. Keine Sonderzahlung zum Jahresende gibt es im ostdeutschen Bewachungsgewerbe.

Quelle: Böckler Impuls, Ausgabe 18/2022


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